Kaufverhalten von Brettspiel-Nerds, oder ist das schon Sucht?

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Foto: https://www.wolpertinger-der-spieleladen.de/

Ein immer wieder viel und vor allem heiß diskutiertes Thema ist ja das Kaufverhalten von uns Brettspiel-Nerds. Die meisten haben schon mehr Spiele als sie je auf den Tisch bekommen, wissen schon gar nicht mehr wohin mit dem nächsten Spiel und kaufen trotzdem immer wieder neue Spiele dazu und backen einen Kickstarter nach dem anderen.

Ich selbst habe schon in den Siebzigern mit dem Brettspielen angefangen. Damals noch Hase und Igel, Monopoly oder Spiel des Lebens. Aber auch viel Dame und Mühle mit meiner Oma. In den Achtzigern kamen dann irgendwann Der Hexenmeister vom flammenden Berg, Civilization oder Talisman dazu. Damals reichte es uns, wenn einer in der Gruppe ein Spiel hatte. Und wir haben es meist bis zum Umfallen gezockt. Ab und an wurde auch mal ein neues Spiel gekauft, aber das hielt sich in Grenzen.

Und dann kam 1995 Die Siedler von Catan . Das war damals das Hype-Spiel und schnell kamen Erweiterungen und eigenständige Varianten des Spiels raus. Aber auch hier konnte ich mich noch zurückhalten und habe nur ab und an mal ein neues Spiel gekauft.

So richtig Fahrt aufgenommen hat das Spielekaufen bei mir mit Legenden von Andor. Vor allem in den letzten 2-3 Jahren ist die Zahl meiner Spiele von 20-30 auf 193 plus 60 Erweiterungen hochgeschnellt. Und aktuell warte ich noch auf 12 vorbestellte Spiele oder Kickstarter und 3 Erweiterungen.

Die allermeisten sagen sie haben ihr Kaufverhalten im Griff. Aber wenn ich mich in vielen Facebook-Gruppen so umschaue glaube ich, dass sich viele selbst belügen. Da haben einige Leute teilweise 50 oder mehr Kickstarter, auf deren Auslieferung sie noch warten. Ständig werden Stapel von Spielen gepostet, die gerade in der Post waren. Immer wieder werden neue Spiele gehypt, die man nach Meinung vieler in der Gruppe unbedingt haben muss. Seien es nun O.P. Arena, Parks oder Kickstarter wie Ankh oder Frosthaven um nur ein paar aktuelle Beispiele zu nennen.

Und ich lese immer wieder „Das habe ich mir auch bestellt“ oder „Da bin ich all-in“. Und wenn ich gerade wieder sehe wie die Leute ihre „Shelfies“ posten, dann weiß ich, dass viele ihr Kaufverhalten eben doch nicht im Griff haben. Man schaukelt sich da auch gerne gegenseitig hoch. Wer hat mehr Spiele, ich habe dieses oder jenes Spiel schon, das brauche ich auch unbedingt …

Und wenn ich gerade Kampagnenspiele und LCGs sehe bei denen man mit einem Spiel schon teils hunderte von Stunden verbringen kann, dann frage ich mich immer wieder: „Wann wollen die die Spiele eigentlich alle noch spielen?“

Viele werden dann auch nach einiger Zeit ungespielt und OVP wieder weiterverkauft. Oder es heißt Jahre nach dem Kauf noch „Das muss ich jetzt auch unbedingt mal auf den Tisch bekommen!“.

Ich will mich hierbei gewiss nicht ausnehmen. Das Problem ist doch auch, zumindest bei mir, und auch bei vielen anderen die ich kenne, dass man für die ganzen Spiele auch die Mitspieler finden muss. Gerade Expertenspiele, Kampagnenspiele oder Legacyspiele muss man dann auch, am besten mit denselben Mitspielern, immer wieder auf den Tisch bekommen und das ohne wochenlange Pausen dazwischen. In meinen Spielegruppen kommt dann auch dazu, dass viele Mitspieler nicht jedes Mal ein neues Spiel lernen wollen sondern sehr gerne die alten Spiele, die sie bereits kennen, spielen wollen. Da sind Carcassonne, Istanbul, Zug um Zug oder Codenames nach wie vor hoch im Kurs.

Aber was folgt daraus?

Ich für meinen Teil versuche mich aktuell mal wieder etwas beim Kaufen zurückzuhalten. Ich habe die letzte Zeit einige Spiele auf den Auszugsstapel gepackt oder sie sind bereits ausgezogen. Ich hinterfrage viele meiner Spiele ob sie denn in absehbarer Zeit gespielt oder wieder gespielt werden. Und wenn nicht, ob sie dann nicht vielleicht bei jemand anderem besser aufgehoben sind. Wenn da nur nicht die immer neuen Empfehlungen für das nächste tolle Spiel wären. Bei Kickstartern bin ich aktuell, von den bereits gebackten Spielen abgesehen, ganz raus, auch wenn ich die Neuzugänge nach wie vor beobachte.

Aber gerade hier fällt mir immer mehr auf, dass teils mehr Wert auf Stretchgoals und noch mehr Plastikminis, als auf das Gameplay gelegt wird. Die Spiele sind zwar teils sehr schön anzusehen, aber bieten sie auch wirklich etwas Neues? Viele haben ein darüber geklatschtes Thema, dass bestimmte Zielgruppen ansprechen soll. Und dies auch tut. Und dann wartet man auch noch teils Monate oder Jahre darauf, dass sie endlich ausgeliefert werden. Und wenn sie dann kommen ist das anfangs heiß ersehnte Spiel auf einmal gar nicht mehr so interessant.

Aber am Ende ist es dann auch wieder ein super-tolles Gefühl ein neues Spiel auszupacken.

In diesem Sinne, spielt was Schönes und bleibt sauber.